Pressemitteilung des DSLV und des BGA: Logistik und Großhandel drängen auf politische Priorität für die Infrastruktur
Mitten in der parlamentarischen und öffentlichen Debatte zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur folgten heute 150 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik der Einladung des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik und des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) zur gemeinsamen Infrastrukturkonferenz „L.O.A..D. – Logistik, Optimierung, Automatisierung, Digitalisierung“. Drei Keynotes und drei Fachpanels widmeten sich der drängenden Frage, wie Deutschlands Infrastruktur wieder fit für die Zukunft werden kann.
Einigkeit herrschte in der Diagnose: Der Investitionsstau bei den Verkehrswegen ist gigantisch und belastet die Unternehmen der Logistik und des Groß- und Außenhandels erheblich. Angesichts dessen sind die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel trotz Sondervermögen unterdimensioniert. Gleichzeitig verändern sich die Außenhandels- und Binnenmärkte rasant – die Anforderungen an die Handelshäuser und Speditionsunternehmen steigen exponentiell. Die Wirtschaft entwickelt neue Geschäftsmodelle und investiert massiv in alternative Antriebe und Digitaltechnologien. Sollte es allerdings bei den geplanten Investitionslinien des Bundes bleiben, wird auch der zukünftige Zustand der Infrastruktur – hierzu gehören Verkehrswege, Strom- und Ladenetze sowie digitale Strukturen – diesen Anforderungen nicht gerecht.
Matthias Magnor, Vorstandsvorsitzender der BLG Logistics Group, betonte: „Damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt, müssen Politik und Wirtschaft jetzt gemeinsam handeln. Wir müssen das Sondervermögen nutzen, um echte zusätzliche Investitionen in die Verkehrs- und Hafeninfrastruktur zu tätigen und zugleich Erleichterungen bei Steuern und Genehmigungsverfahren schaffen – nur im Schulterschluss schaffen wir die Grundlage für Wachstum und neue Märkte“.
Christian Hirte MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, machte in seiner Keynote deutlich: "Wir sind ein Land mit einem sehr hohen Exportanteil, und deswegen brauchen wir eine funktionierende Infrastruktur. Wir werden als Politik alle Verkehrsträger in den Blick nehmen, um den Sanierungsstau zu beseitigen”. Hirte weiter: “Gerade bei den Bundesfernstraßen ist und bleibt der Bedarf an der Sanierung hoch. Wir sind noch in Gesprächen darüber, wie wir dort noch mehr Gas geben können – unter anderem etwa durch die von uns angestrebte Schließung des Finanzierungskreislaufs Straße”.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Tarek Al-Wazir MdB, verwies auf die Rolle der Logistik für die deutsche und europäische Wirtschaft. Die Bundesregierung müsse in den kommenden Jahren die entscheidenden Infrastrukturfragen prioritär angehen: „Auf der einen Seite können die bröselnden Brücken und löchrigen Straßen nur mit ausreichend Haushaltsmitteln und einer klaren Priorisierung auf Sanierung vor Neubau in Schuss gebracht werden. Auf der anderen Seite muss das Lkw-Ladenetz jetzt zügig an Bundesautobahnen aufgebaut werden. Dabei muss das Bundesverkehrsministerium vor allem dafür sorgen, dass genügend Ladepunkte endlich auch an bewirtschafteten Rastanlagen aufgebaut werden. Es wäre eine Zumutung für Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer, wenn sie zukünftig ihre Ruhezeiten nur noch auf unbewirtschafteten Autobahnparkplätzen verbringen könnten, weil nur dort Ladeinfrastruktur vorhanden ist“.
Den Status Quo des Umstiegs auf alternative Antriebe ordneten Sascha Hähnke, Geschäftsführer der REMONDIS Sustainable Services GmbH (Rethmann Group), Jana Kugoth, Redaktionsleitung von Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility und Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland im ersten LOAD-Panel ein – moderiert von DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster.
Die weitere Diskussion zeigte: Die Unternehmen befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen sehr ambitionierten Klimazielen und realwirtschaftlichen Herausforderungen. Das europäische Ladenetz für den schweren Lkw-Verkehr ist noch löchrig, Netzkapazitäten fehlen vielerorts und Investitionskosten sind anhaltend hoch. Für Logistikunternehmen entsteht dadurch das Risiko einer asymmetrischen Transformation: Der regulatorische Druck steigt, doch ökonomisch tragfähige Lösungen – insbesondere in dem anhaltend schlechten Wirtschaftsumfeld – fehlen oft. Konsens auf dem Panel: Die CO2-Bilanz des Straßengüterverkehrs muss weiter verbessert werden. Öffentliche Förderungen sind eine Initialzündung, aber keine Langfristlösung. Vielmehr bedarf es Entlastungen wie einer Absenkung der Stromsteuer. Der im Rahmen des Emissionshandels EU-ETS 2 variierende CO2-Preis kommt als Lenkungsinstrument zur Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe der Idealvorstellung eines Marktpreises am nächsten. Nur technologieoffen können die Klimazielpfade erfolgreich beschritten werden, zeigen sich der DSLV und der BGA überzeugt.
Auf dem zweiten Panel diskutierten der Parlamentarische Staatssekretär Christian Hirte MdB, Prof. Dr. Christian Lippold, Geschäftsbereichsleiter Planen, Bau und Innovation bei der Autobahn GmbH des Bundes, Dr. Joachim von Lukowicz, Geschäftsführer der HOCHTIEF PPP Operations GmbH, sowie Henriette Hahn, stellvertretende Programmleiterin Generalsanierung Hochleistungsnetz bei der DB InfraGo, gemeinsam mit Moderatorin Susanne Landwehr (DVZ), ob deutsche Straßen, Schienen, Wasserwege und Häfen aktuelle und perspektivische An-sprüche einer international erfolgreichen Volkswirtschaft erfüllen können. Dies, so der Konsens, hängt neben ausreichenden Etatposten im Bundeshaushalt auch von Reformen im Planungs- und Genehmigungswesen ab.
Das dritte Panel widmete sich neuen Geschäftsmodellen in der Logistik. Dr. Maik Schürmeyer, Gründer und Geschäftsführer von MANSIO, Andre Kranke, Head of Corporate Research and Development bei Dachser, und Moritz Bernhard, Head of Uber Direct Germany diskutierten gemeinsam mit der Moderatorin Carina Tüllmann, CCO der Open Logistics Foundation, welche politischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für erfolgreiche Innovationen in der Logistik nötig sind. Das Resümee der Panelisten: Wo Kapazität, Verlässlichkeit und multi-modale Anschlussfähigkeit fehlen, versandet jede noch so smarte Prozessoptimierung.
„Logistik-, Groß- und Außenhandelsunternehmen können nur dann produktiv, resilient und transformationsfähig sein, wenn die deutschen Infrastrukturen wieder leistungsfähig werden und deren Planung, Genehmigung, Bau und Erhalt ausreichend finanziert und entbürokratisiert werden. Hierzu bedarf es politischer Einsicht und Bereitschaft, Infrastrukturinvestitionen in zukünftigen Haushalten zu priorisieren und die Voraussetzungen für Strukturreformen zu schaffen“, lautet das gemeinsame Fazit von BGA-Präsident Dirk Jarunda und DSLV-Präsident Axel Plaß.
Pressefoto 1 (v.l.n.r.): Susanne Landwehr (DVZ-Korrespondentin), PSts Christian Hirte, MdB, Dr. Joachim von Lukowicz (Geschäftsführer der HOCHTIEF PPP Operations GmbH), Henriette Hahn (Stellv. Programmleiterin Generalsanierung Hochleistungsnetz, DB InfraGo), Prof. Dr. Christian Lippold (Geschäftsbereichsleiter Planen, Bau und Innovation, Autobahn GmbH des Bundes).
Pressefoto 2 (v.l.n.r.): Frank Huster (DSLV-Hauptgeschäftsführer), Axel Plaß (DSLV-Präsident), PSts Christian Hirte, MdB, Dirk Jandura (BGA-Präsident), Antonin Finkelnburg (BGA-Hauptgeschäftsführer).
Fotograf: Kamil Janus.