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DSLV kritisiert Bundestariftreuegesetz: Bund greift in den Wettbewerb ein und erschwert die öffentliche Auftragsvergabe

Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf eines Tariftreuegesetzes greift das Bundesarbeitsministerium in die Vergabepraxis und in den Wettbewerb um öffentliche Aufträge ein und belastet die Wirtschaft zusätzlich, anstatt sie zu entlasten. Mit dem Gesetz grenzt die Bundesregierung den Mittelstand aus und konterkariert ihr eigentliches wirtschaftspolitisches Ziel, Bürokratie abzubauen, kritisiert der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik.

Nach Regierungsplänen sollen sich Unternehmen nur dann um öffentliche Aufträge ab 50.000 Euro bewerben können, wenn sie nachweisen, dass die Arbeitsbedingungen einem branchenüblichen repräsentativen Tarifvertrag entsprechen. Dies betrifft nicht nur Löhne, sondern auch Urlaub, Weihnachtsgeld, Arbeitszeiten, Pausenregeln und Überstundenvergütungen – also Bereiche, die dem freien Aushandlungsprozess zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorbehalten oder individuell betriebsintern geregelt sind. In diese tarifähnlichen Bedingungen sollen zusätzlich auch vom Auftragnehmer beauftragte Subunternehmen einbezogen werden. Kritisch sieht der DSLV deshalb vor allem auch die im Gesetzentwurf enthaltene Nachunternehmerhaftung. Damit werden öffentliche Aufträge für Dienstleister zum finanziellen Risiko.

Speditionen sind nicht nur als direkte Auftragnehmer der öffentlichen Hand, sondern mittelbar auch als Logistikdienstleister vom Bund beauftragter Unternehmen betroffen. Die Tarifbindung wird damit faktisch zur Voraussetzung für die Teilnahme an niedrigschwelligen öffentlichen Ausschreibungen und zur Wettbewerbskomponente.

„Der Staat darf die Tarifbindung nicht zum Eintrittsticket für öffentliche Aufträge machen“, warnt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. „Der Gesetzentwurf verkennt, das Logistik überwiegend arbeitsteilig und häufig nur unter Einsatz spezialisierter Subunternehmen funktioniert. Mit der vom Gesetz beabsichtigten Tarifbindungsgarantie in der gesamten Lieferkette wird vor allem der Mittelstand überfordert und potenziell ausgegrenzt. Gleichzeit wird der Anbietermarkt verengt und die öffentliche Auftragsvergabe erschwert. Damit tut sich der Bund keinen Gefallen.“

Mit dem Aufbau einer staatlichen Stelle für die Überprüfung der Nachweispflichten schafft die Bundesregierung einen neuen Kontrollapparat – teuer für den Staat und aufwendig für die Unternehmen. Die Logistikbranche ist von zahlreichen KMU geprägt. Für sie wäre der zusätzliche bürokratische Aufwand durch die Nachweis- und Kontrollpflichten zu hoch.

„Die negative Koalitionsfreiheit ist verfassungsmäßig garantiert – sich keiner Tarifvereinbarung anzuschließen ist deshalb gutes Recht. Vor allem in mittelständischen Betrieben der Logistikbranche werden einvernehmlich Haustarifverträge oder individuelle Vergütungsmodelle vereinbart – oft übertariflich. Zukünftig würde Ihnen dennoch die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren mit neuen Bürokratiehürden zusätzlich erschwert“, bemängelt Huster.

Die Bundesregierung selbst räumt ein, keine verlässlichen Daten darüber zu haben, wie viele öffentliche Aufträge bislang an tarif- oder nicht-tarifgebundene Unternehmen vergeben wurden. Dennoch unterstellt sie einen systematischen Wettbewerbsvorteil nicht-tarifgebundener Unternehmen – und reagiert mit einem Gesetz, das vor allem eines bringt: zusätzliche Bürokratie. „Statt die reale Vergabepraxis zunächst fundiert zu analysieren, werden Unternehmen vorsorglich mit neuer Bürokratie überzogen“, kritisiert Huster.
Auch das Verfahren wirft Fragen auf. Nur drei Werktage hat das Bundesarbeitsministerium den Verbänden zur Stellungnahme eingeräumt – und das mitten in der Sommerpause. Eine solch kurze Rückmeldefrist für ein Gesetz, das tief in die Auftragsvergabe und Unternehmenspraxis eingreift, zeigt, wie wenig die praktischen Auswirkungen auf betroffene Branchen ernst genommen werden.

Berlin, 24. Juli 2025
Quelle: DSLV