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Kommentar: Lidl führt kostenpflichtige Express-Rampe ein - umdenken erforderlich!

Über Sinn und Zweck von Zeitfenstermanagement lässt sich sicherlich gut streiten. Unstrittig ist, dass mit schlecht gemachten Lösungen, die lediglich den Mangel an Ladepersonal und Toren verwalten sollen, der Logistik nicht gedient ist. Eine funktionierende und partnerschaftlich aufgebaute Logistikkette braucht zumindest Expressrampen für Stückgut, flexible Anpassungsmöglichkeiten an Staulagen und eine ausreichende Auswahl freier Slots. So darf es nicht sein, dass nur durch das Warten aufs Zeitfenster Fahrer stundenlang in unproduktive und zermürbende Bereitschaftszeit geschickt werden. Unter der stellenweise absurden Situation an Laderampen hat das Selbstverständnis des Berufskraftfahrers – und damit die Werbung für den Nachwuchs – besonders gelitten. So war vor Jahren leider immer noch verbreitet, Fahrern den Schlüssel zur Edelstahltoilette zu verweigern und sie als billige Hilfskräfte des Lagerpersonals zu benutzen. Glücklicherweise findet hier mittlerweile ein Umdenken statt.

Als gutes Beispiel für einen Schritt in die richtige Richtung ist sicherlich das Projekt von Thyssen Krupp Steel Europe in Duisburg hervorzuheben, wo ein Parkplatz außerhalb des Werkes errichtet wurde, damit Fahrer dort vor oder nach der Beladung in einem wertigen Umfeld ihre Pause verbringen können – mit Sanitärräumen, Kiosk und freiem W-LAN. Doch lange nicht alle haben die Zeichen der Zeit erkannt: Der jüngste Vorstoß eines großen Discounters in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister für Zeitfenstermanagement geht in die falsche Richtung. So bietet der Discounter dem Frachtführer eine Expressrampe an, bei der die Entladung von Mitarbeitern des Empfängers durchgeführt wird. Was selbstverständlich sein sollte, kostet dort allerdings 40 € – und unter Express versteht der Discounter „innerhalb von 90 Minuten“ und bleibt damit nur knapp unter der Grenze, bei welcher die ADSp 2017 ein Standgeld für den Frachtführer vorsehen. Auch eine Entladung außerhalb der knapp bemessenen Warenannahmezeiten wird angeboten und soll durch den Frachtführer zusätzlich bezahlt werden. Hier sollte man sich ein Beispiel an einem in unserer Branche oft gescholtenen Großhändler nehmen, der immerhin Entladezeitfenster bis in den späten Abend hinein anbietet und somit effektive Fahrzeugumläufe ermöglicht.

Ob ein „Bezahl-Modell“ innerhalb einer funktionierenden Geschäftsbeziehung rein finanziell tragfähig und hinnehmbar sein könnte, soll an dieser Stelle gar nicht bewertet werden. Was wir kritisieren, ist die offenbar stattfindende Ausblendung der Tatsache, dass der bereits deutlich am Markt spürbare Fahrermangel sich auf absehbare Zeit immer stärker auf den vorhandenen Laderaum auswirken wird. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch: Wir dürfen keinesfalls unsere eigene Verantwortung für eine weitere Verbesserung des Berufsbildes aus den Augen verlieren. Dass wir in der Vergangenheit mit unserer Arbeit Fortschritte gemacht haben, belegt die positive Entwicklung bei der Ausbildung neuer Berufskraftfahrer. Dennoch bleibt trotz aller Bemühungen der Saldo deutlich negativ. Es scheiden deutlich mehr Fahrer altersbedingt am Markt aus, als wir in Deutschland und Europa rekrutieren könnten. Von steigenden Gütermengen bei zunehmend angespannter Verkehrslage ganz zu schweigen wird alleine aufgrund des schwindenden Fahrpersonals der Laderaum in den kommenden Jahren knapp werden.

Echte Lieferengpässe drohen, die unsere gute volkswirtschaftliche Situation ernsthaft gefährden können. Um dies zu vermeiden, sind partnerschaftliche Ansätze gefragt. Im Interesse aller Wirtschaftsbeteiligten muss darum jeder Lkw so schnell als möglich wieder auf die Straße kommen und die Arbeitszeit des Fahrpersonals im gesetzlichen Rahmen hocheffizient eingesetzt werden. Dazu gehört es, unseren Fahrerinnen und Fahrern alle Arbeiten weitestgehend aus der Hand zu nehmen, die nichts mit Lenkzeit zu tun haben. Die Expressrampe, an welcher unsere Fahrerinnen und Fahrer eine echte Pause einlegen können während Andere Be- und Entladen, darf darum nicht die kostenpflichtige Ausnahme sein. Vielmehr muss sie eher zum Standard werden, damit nicht der Fahrermangel zum Flaschenhals des Wirtschaftswachstums wird. Nebenbei wird dies den Beruf des Kraftfahrers deutlich aufwerten.

Noch vor zwei Jahren wäre dieser Appell lediglich frommes Wunschdenken gewesen. Mittlerweile verstehen jedoch viele Verlader, dass die Rolle des Fahrers in der Logistik einen neuen Stellenwert bekommen hat. Aufgabe unseres Verbandes ist es hierbei, nicht nur für ein positives Image des Fahrerberufs zu sorgen, sondern auch über die Auswirkungen des demographischen Wandels und des Fahrermangels aufzuklären.

 

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